Gedanken zu Corona

Meine Gefühle durchlaufen jeden Tag ein Auf und Ab. Corona hat die Normalität durcheinander gebracht.

Die Welt hat sich verlangsamt

Ich lebe an einer Hauptstraße. Es fühlt sich wie ein stiller Ferientag an. Wenig Verkehr, alles ist ruhiger, entspannter. Auf der Arbeit ist es ebenfalls stiller. Die meisten arbeiten im Home-Office. Jeder hat nun ein Büro für sich, viele Räume stehen leer.

Konzentration und Fokus fallen mir leichter. Das sind die Stunden, die ich genieße.

Social Distancing

Die Aufforderung, möglichst zu Hause zu bleiben, hat mich anfangs überhaupt nicht gestört. Ich bin introvertiert und zähle mich zur Sorte Stubenhocker. Das heißt, ich bin froh, nach der Arbeit und am Wochenende zu Hause zu sein und mich ein bisschen einzuigeln.

Inzwischen treffen auch mich die Schattenseiten. Wir werden nicht zu Ostern meine Mutter besuchen. Ein großes Familientreffen im April musste abgesagt werden. Das schmerzt, ist aber hinsichtlich der Gefahr durch Corona unumgänglich, schließlich gehört gerade die Generation meiner Mutter, Tanten und Onkel zur Risikogruppe.

Ja, und dann sind da auch noch meine Kids.

Corona-Ferien

Das ist das neue Lieblingswort meiner Jungs. Mir entlockt es eher eine Grimasse. Angesichts der derzeitigen Situation glaube ich noch nicht mal daran, dass die Schule am 20.April wieder losgeht.

Ich kann meine Jungs ja verstehen. Ich hätte damals auch unverhofft schulfreie Zeit als großartig empfunden.

Das Problem ist aber der Schulstoff. Langfristig macht es vielleicht keinen Unterschied, ob ein paar Wochen Schulstoff wegfallen, aber kurzfristig?

Die Lehrer haben Aufgaben zusammengestellt. Teils sind sie freiwillig, teils nicht. Werden nicht bewertet, sind aber die Themen, über die die Klassenarbeiten geschrieben werden. Die Schulen – die Jungs besuchen verschiedene – halten es schon sehr unterschiedlich. Die Art und der Umfang der Aufgaben sind nicht vergleichbar. Das hat schon zu Neidausbrüchen geführt. Das Lernportal der einen ist komplett unübersichtlich oder die Lehrer hatten keine Ahnung, wie sie Aufgaben einstellen sollen, weil normalerweise nur die Schüler der 8. Klasse aufwärts das Portal überhaupt nutzen. Ich sortiere die Aufgaben aus Portal und E-Mails und Schul.Cloud-App zusammen.

Schule ist so oder so ein Stressthema in unserem Haushalt. Natürlich machen die Jungs freiwillig nichts. Ich gebe zu, ich setze mich auch ungern damit auseinander, weil es immer wieder zu Streit und Ärger führt.

Dabei sind wir noch auf der Gewinner-Seite. Die Kids sind groß genug, ihre Aufgaben selbständig zu bearbeiten. Familien mit jüngeren Schülern brauchen dafür eine Komplettbetreuung. Wie sollen sie das zusätzlich zum Beruf auf eine Reihe bringen?

Corona vs. Grippe

Muss das wirklich alles sein?

Die Leute, die den Corona-Virus Covid-19 mit der Grippe vergleichen und darauf hinweisen, dass im Winter 2017/18 geschätzte 25.000 Menschen  in Deutschland gestorben seien und das hätte kaum jemanden gekümmert, haben natürlich recht – und liegen trotzdem falsch.

Auf Grippe wird nicht oder nur selten getestet. Grippe tötet selten direkt und die Tode werden daher in der Regel den Grunderkrankungen zugeordnet.Daher gibt es ja nur die Schätzungen. Die Grippewelle wandert vergleichsweise langsam durch die Bevölkerung. Es gibt eine Schutzimpfung, auch wenn viele diese noch auf die leichte Schulter nehmen. Ich hoffe, diese Einstllung wird sich aufgrund der Erfahrungen mit Corona ändern.

Covid-19 verbreitet sich im Vergleich zur Grippe rasend schnell. Sie führt bei einem kleinen Teil der Erkrankten zum tödlichen Lungenversagen. Es gibt noch keine Impfung, die der Risikogruppe Schutz bieten würde. Die Behandlung der Schwererkrankten erfordert Intensivmedizin, für die es nur begrenzte Kapazitäten in den Krankenhäusern gibt.

Ich habe mir am Anfang oft selber gesagt, Corona sei wie ein neuer Grippevirus, um die Gefahr durch diesen neuen Virus zu relativieren und die diffuse Angst zu bekämpfen, die eine nicht sichtbare und schwer einschätzbare Bedrohung auslöst.

Inzwischen werden aber Unterschiede deutlich. Und überhaupt, egal ob Corona oder Influenza, jeder Tote ist eine Tragödie.

Mal über den Tellerrand geschaut

Wie gesagt, unserer Familie geht es vergleichsweise gut. Keiner im erweiterten Familienkreis ist bisher erkrankt.

Mein Brotjob ist kaum beeinträchtigt. Die Infrastruktur für Telearbeit war bereits vorhanden und die Firma lebt vor allem vom Bestandsgeschäft.

Bei anderen sieht es nicht so gut aus. Ich komme an vielen geschlossenen Geschäften vorbei. Da droht Arbeitslosigkeit, Insolvenz und Existenzangst über ganze Branchen hinweg. Ich mag mir das gar nicht für die Betroffenen vorstellen.

Keiner weiß, wie lange Corona wüten wird. Wenn es länger dauert, droht vielleicht eine Rezession. Nun ist Deutschland wirtschaftlich und sozial sehr gut aufgestellt. Da gilt nicht überall auf der Welt.

Machen wir uns nichts vor, in so einer Krise trifft es die armen Bevölkerungsschichten und Länder besonders hart. Das bedeutet viel Leid, Unruhen, explodierende Konflikte.

Ich hoffe inständig, dass wir glimpflich davonkommen.

Schreiben?

Nun dreht es sich hier ja meistens um mein Schreiben. Wie sieht es damit aus?

Ziemlich mies. Das liegt aber in der Hauptsache (noch) nicht an Corona. Ich hatte zum Jahreswechsel zu wenig Urlaub eingeplant und merke deutlich, dass ich nicht erholt ins neue Jahr gegangen bin. Nun stecke ich wieder im Energietief.

Das Schreiben liegt brach.

Da aber durch Corona vermutlich noch mehr Stress auf uns alle zukommen wird und allgemein alle Pläne für 2020 erstmal hinfällig sind, habe ich für mich entschieden, mir da keinen Druck zu machen. Ich komme zum Schreiben oder eben nicht.

Gesund durch diese Krise kommen ist die Hauptsache.


Beitragsbild: Photo von Rebecca Holm via Pixabay