Nun ist der NaNoWriMo seit ein paar Wochen vorbei. Die erste Zeit danach im Dezember konnte ich nichts anderes tun, als auf dem Bett alle Viere von mir zu strecken. Aber der Rückblick und meine Einschätzung des Novembers sind jetzt schon mehr als überfällig.

NaNoWriMo war wieder mal:

  • aufregend,
  • sowas von anstrengend,
  • geprägt vom Schlafmangel,
  • die eigenen Grenzen testend,
  • eine Achterbahnfahrt zwischen zwischen Wolke-7-Flow und dem Tal der Tränen und
  • sehr lehrreich.

Wenn ihr mit mir noch mal zurückblickt…

Im Oktober verkündete ich stolz, dass ich als Rebell beim NaNoWriMo mitmachen werde. Den Beginn hätte ich schon als Fehlstart einstufen können, doch noch war ich voller Optimismus. Kurz nach der Halbzeit zeichnete sich ab, dass ich nicht annähernd meine Ziele erreichen würde, aber ich war entschlossen, bis zum Ende durchzuhalten.

Es war ein Wechselbad der Gefühle

Ganz ehrlich, als der diesjährige NaNoWriMo zu Ende ging, war ich einfach erleichtert. Zum Schluss hasste ich das tägliche Schreiben und was ich da produzierte. Ich schätze, was ich in der letzten Woche an den Storys geschrieben habe, kann ich ungesehen in die Tonne treten. Auch mit ein bisschen zeitlichen Abstand mag ich die Projektdateien überhaupt noch nicht öffnen. Meine Grundstimmung war einfach nur noch deprimiert.

Der Kontrast zu meiner aufgeregt-optimistischen Stimmung Ende Oktober ist schon enorm. Also frage ich mich, wie konnte ich den NaNoWriMo, der ja eigentlich ein Spaßprojekt sein soll, so an die Wand fahren. Wieder mal, denn das Ergebnis ähnelt den letzten Jahren. Irgendwie denke ich jedes Jahr, diesmal wird es anders.

Inzwischen habe ich mich erholt und kann das ganze Event rationeller beurteilen

Kleine Erfolge gab es auf jeden Fall

  • Ich habe mehr geschrieben als sonst in einem Monat.
  • Ich habe konsequenter täglich (Fiktion) geschrieben und auch deutlich mehr Schreibzeit investiert.
  • Mehre Flash-Stories warten nur noch auf einen kurzen Überarbeitungsdurchgang.
  • Neben den 19.698 offiziellen Worten für NaNoWriMo habe ich auch ca. 17K+ für Blogposts, Journal etc. geschrieben.

Die negative Seite überschattete zum Schluss alles

  • Der tägliche Blick auf den NaNoWriMo-Chart lähmte mich zunehmend. Der Druck, die tägliche Quote zu schreiben, war einfach zu groß.
  • Die Verzweiflung wuchs mit dem Rückstand.
  • Der zunehmende Schlafmangel hat mir überhaupt nicht gut getan.
  • Der Stress hat sich leider auch auf das Familienklima negativ ausgewirkt.

Was habe ich daraus gelernt?

1. Falsche Zielsetzung führt zur Demotivation

Unrealistische Ziele sind demotivierend. Es war ein großer Fehler, meinen eigenen Plan an den 50.000 Wörtern auszurichten, obwohl ich wusste, das 25K für mich bereits sportlich waren. Es fehlten einfach die Erfolgserlebnisse.

Ich messe mich zu stark an anderen. Ich bin wohl einfach kein richtiger Rebell. Statt einfach mein Ding, die Flash-Fiction-Challenge, zu machen, habe ich doch nur auf die Wortquota geschielt und das war einfach Quatsch. Beim nächsten Mal muss ich mich auf meine eigenen Ziele fokussieren und die 50K wirklich ignorieren, so schwer mir das auch fällt.

Weil ich mich auf das falsche Ziel (50.000 Worte) konzentriert habe, habe ich die Flash-Fiction-Challenge selbst aus den Augen verloren. Ich habe nur eine Story im November gepostet, obwohl ich sie eigentlich täglich auf diesem Blog veröffentlichen wollte. Ja, ich habe Entwürfe für weitere Flashfics auf meiner Festplatte. Sie sind aber oft deutlich zu lang geraten. Das war dem Streben nach Wortzahlen geschuldet und nicht im Sinne der Storys, die aufgrund des Wortlimits einen engen Fokus erfordern.

Woraus sich der nächste Punkt ergibt…

2. Respektiere deinen eigenen Schreibprozess

Ich verstehe und respektiere den Sinn des NaNoWriMo, sich auf den ersten Entwurf zu konzentrieren und sich nicht zu verzetteln, weil man seinen Text ständig editiert und an ihn herumbastelt. Allerdings sind 50.000 Wörter in 30 Tagen extrem.

Die Versuchung, die Wortzahlen mit Füllwörtern oder sinnfreien Beschreibungen zu »polstern« wird übermächtig, wenn die täglichen 1667 Wörter unerreichbar erscheinen. Es sind verschwendete Wörter, die rein gar nichts für mein Projekt bringen. Schon gar nicht bei Flash-Fiction, bei der der Fokus auf der Kürze liegt.

Nun werden einige vielleicht einwenden, dass es ganz normal sei, später im Revisionsprozess Überflüssiges zu entfernen. Aber das trifft auf mich nicht zu. Ich gehöre zu den sogenannten „Underwriter“. Das sind jene, deren Rohfassung sparsam ist und die im Revisionsprozess Dialoge, Beschreibungen und ggf. Nebenhandlungen hinzufügen. Das ist im Gegensatz zum „Overwriter“, der überflüssige und nicht gelungene Passagen verwirft oder intensiv überarbeitet. (Ende Oktober hatte Rhiannon Eopia auf Twitter dazu eine Umfrage und aufschlussreiche Diskussion.)

Dieses Problem führte bereits während des Schreibens bei mir zum Verdruss. Was bringt mir denn der NaNoWriMo, wenn ich das Geschriebene hinterher doch lösche? Seitenlanges Gelabere ohne Hand und Fuß bringt mich nicht weiter. Ich hatte zunehmend das Gefühl, nur noch Schrott zu schreiben.

Versteht mich nicht falsch, es ist gut, andere Vorgehensweisen auszutesten. Aber wenn du merkst, dein Schreibprozess und NaNoWriMo passen nicht zusammen, dann versuch dich nicht krampfhaft zu verbiegen. Ich habe diesen Fehler begangen und dafür mit viel Stress und vertaner Mühe bezahlt.

Einer weiteren Erkenntnis musste ich mich stellen. Wenn das Plotten und das Schreiben des Entwurfes zu weit auseinander liegen, geht mir der Funken der Begeisterung verloren, ganz einfach weil ich die Vision, die ich von der Geschichte, nicht so einfach in ein paar Stichpunkten einfangen kann. Die Funken wieder zu entfachen, fällt mir sehr schwer. das gilt besonders unter Zeitdruck.

3. Mindmapping ist beim Plotten überraschend effektiv

In Vorbereitung auf NaNoWriMo versuchte ich noch so viel zu plotten, wie es nur geht. Da bei mir eine detaillierte Gliederung schon fast der Rohfassung entspricht, suchte ich eine Lösung, die Texte vermeidet. Daher habe ich ersten Mal intensiv Mindmaps benutzt.

Meine Mindmaps enthielten meistens Folgendes:

  • Ideengenerierung durch Wortassoziation
  • Stichpunkte zur Handlung
  • Sinneseindrücke
  • Dialogfragmente

Ihr Vorteil:

  • Stichpunkte können nicht zu fertigen Sätzen mutieren.
  • Ich kann Textkomponenten separat brainstormen. Sie müssen noch kein Ganzes bilden.

Das Mindmapping funktionierte überraschend gut. Ich war dann immer so voller Ideen und Tatendrang, dass ich am liebsten sofort losgeschrieben hätte.

4. Investierte Schreibzeit ist ein Erfolgsfaktor

Ich ließ meine Schreibzeit von RescueTime tracken. Dabei konnte ich ganz klar eine Korrelation von aufgewendeter Schreibzeit und der Anzahl der geschriebenen Wörtern erkennen.

Allerdings waren die Wortzahlen pro Stunde nicht konstant. Sie sanken stetig während des Novembers. Wie viel ich schrieb wurde auch noch von anderen Faktoren beeinflusst.

  • Pre-Writing: Am Anfang des Monats konnte ich auf reichlich fertig geplottetes Material zurückgreifen. Mit den Wochen nahm die Detaildichte des vorhandenen Materials immer mehr ab und zum Ende hin hatte ich gar keinen fertigen Plot für die Storys mehr.
  • Tageszeit: Die beste Zeit zum Schreiben war vormittags, dann folgten die Morgenstunden vor der Arbeit und freie, ungestörte Nachmittage, solange ich nicht unter Schlafmangel litt. Am ineffizientesten waren die Abende an Arbeitstagen. Da brachte ich kaum noch was zu Stande.
  • Energielevel: Dieser hing einerseits von der Tageszeit ab und davon, ob ich generell ausreichend Schlaf bekommen hatte. Das Schlafdefizit stieg ständig im November und beeinträchtigte nachhaltig die Produktivität.

Meine Terminplanung im November war wirklich verbesserungswürdig. Allerdings habe ich mich recht spät für NaNoWriMo entschieden, da ließ sich nicht mehr viel umdisponieren. Grundsätzlich ist der November wirklich ungünstig für solch ein Vorhaben: Geburtstage und Schultermine bei den Kids sind nun mal nicht verschiebbar. dazu kamen diese Jahr Kfz-Inspektion und Radwechsel sowie mehrere Arzttermine.

Am Anfang des Monats die zwei Tage nach dem Reformationstag kurzfristig frei zu nehmen, war dagegen echt vorteilhaft.

5. Die verfügbare Energie ist der Knackpunkt

Wie schon im vorigen Absatz beschrieben, war mein Energielevel ein entscheidender Faktor, wie gut und schnell ich schreiben konnte.

Da ich versuchte, die beiden einzig regelmäßig verfügbaren Schreibzeiten am frühen Morgen und am Abend zu nutzen, kämpfte ich bald mit Schlafmangel. Dieser beeinträchtigte nicht nur meine Wortzahlen, sondern auch meine Arbeit (dumm, wenn dort zur gleichen Zeit ein wichtiges Projekt läuft) sowie das Familienklima. Total übermüdet kann ich schwer gute Nerven und Geduld bei Hausaufgaben-Dramen oder Streitereien unter Brüdern aufbringen.

Und dieser letzte negative Aspekt lässt mich zweifeln, ob ich mir NaNoWriMo in dieser Form nochmal zumuten darf.

Fazit

Auch wenn das Ergebnis mich enttäuschte, konnte ich auch aus diesem NaNoWriMo wieder wichtige Lehren ziehen. 50.000 Wörter in einem Monat passen nicht zu meinem Schreibprozess in meiner derzeitigen Lebenssituation. Die kleineren Camp NaNoWriMo-Veranstaltungen mit ihren frei wählbaren Zielen bieten sich da eher an.