Seien wir doch mal ehrlich. Oft ist es so, dass das Schreiben wie ein Marathon ist. Du bist müde, das Ziel ist noch in weiter Ferne und wir wünschen uns, dass wir schon geschrieben hätten, statt uns noch mit dem ersten Entwurf herumzuquälen oder wieder eine Szene neu schreiben zu müssen. Die Durststrecke ist lang.

An diesem Punkt setzt 4TheWords.com an. 4TheWords ist eine englisch-sprachiges Browser-App, die sich selber als »An Online Game for Writers« beschreibt. Die Programmierer der App haben es sich zum Ziel gesetzt hat, das Schreiben zum Spaß werden lassen und so suchterzeugend wie ein richtiges Spiel zu sein.

Was ist nun 4TheWords?

Es ist ein Online-Rollenspiel mit einer Hintergrundstory und Missionen. Die Kämpfe werden ausgefochten, indem Worte geschrieben werden. Ihr kennt das Sprichwort: Die Feder ist mächtiger als das Schwert. Hier ist die Tastatur dein Schwert.

Ich fand die Webseite nachdem ich einem Link von einem englischen Forum folgte. Ich habe erst später mitbekommen, dass 4TheWords ein NaNoWriMo-Sponsor ist. (Daran merkt man, dass ich die letzten Jahre NaNoWriMo nicht mitgemacht habe.) Bevor ich mich registrierte, las ich zunächst einige Rezensionen. Die ersten von 2014 waren ziemlich schlecht. Die App wurde damals als extrem buggy und nicht das Geld wert beschrieben. Aber die Einschätzungen besserten sich und ab 2016 überwog die Begeisterung. Also schaute ich ich mir die ganze Sache genauer an.

Um es vorne weg zu nehmen: Ich bin jetzt ebenfalls ein überzeugter Fan.

Wie funktioniert es?

Grundsätzlich ist 4TheWords selbsterklärend.

Beim Registrieren wirst du gebeten, dir einen Avatar zu erstellen. Zunächst gibt es nur die Auswahl zwischen einem weiblichen oder einem männlichen Helden. Später in der Ankleide (Wardrobe) kannst du deinen Helden anpassen, von der Haut- und Haarfarbe bis zu dem, was sie oder er trägt. Beim letzteren hast du die Möglichkeit, dir mit sogenannten Core Crystals weitere Optionen zu kaufen. Core Crystals sind eine der Hauptwährungen im Spiel. Damit können nicht nur Items erworben, sondern auch Subskriptionsszeit.

Es gibt drei Hauptbereiche: Schreiben (Write), Spielen (Play) und Lesen (Read). Außerdem wird links oben immer dein Avatar mit deinen aktuellem Besitz und Wortzahl von heute angezeigt. Neben dem Bild deines Avatars gibt es ein aufklappbares Menü mit den Direktlinks zu den wichtigsten Funktionalitäten.

Schreiben

Wenn du auf diesen Bereich klickst, kommst als erstes in den Projekt-Übersicht. Hier kannst du Dateien anlegen und sie in Projekten organisieren. Beim Öffnen der Dateien landest du im Schreibfenster. Oben gibt es eine Leiste mit grundlegenden Formatierungsoptionen. Es fehlt eigentlich nur die Option für die Schriftgröße und -art. Ich persönlich hätte es gerne, wenn ich die Leiste ausblenden könnte. Während eines Monster-Kampfes halte ich mich mit sowas nicht auf und da ich häufiger auf meinem Netbook schreibe, nimmt sie mir wichtigen Platz weg.

Rechts gibt es einen (ausblendbaren) Bereich mit Reiter für Dokument-Optionon und einen für die Kampfanzeige. Das Dokument wird automatisch in kurzen Abständen gespeichert. Man kann auch manuell Speichern, indem man den Button anklickt. Ein Dokument kann dort auch einem bestimmten Projekt zugeordnet und von dort auch exportiert werden. Es wird dann im docx-Format auf deinem Computer gespeichert.

Im Reiter für die Kämpfe findest du die Möglichkeit, dir ein Monster auszuwählen, gegen das du antrittst. Im Prinzip funktioniert es wie ein Word War. Welche Monster zur Verfügung stehen, hängt vor allem davon ab, in welchem Gebiet du dich gerade befindest und angeblich auch von der Tageszeit. Da ich fast ausschließlich abends schreibe, habe ich noch nicht viel Variation erlebt. Du kannst, wenn du möchtest, natürlich auch einfach schreiben ohne zu kämpfen.

Kämpfe mit Worten gegen die Monster

Dein Avatar hat Werte, die als Boni im Kampf wirken. Angriff zählt als extra Schaden, also Wörter. Ein +3 Attacke zählt für dich pro 100 Wörter 3 Extra-Wörter. Ein Verteidigungsbonus gibt dir mehr Zeit, um das Monster zu besiegen. Jedes Monster hat unterschiedliche Vorgaben, wie viele Lebenspunkte es hat und wie viel Zeit für den Kampf zur Verfügung steht. Dabei muss ich sagen, dass die Zeitvorgaben auch für Langsamschreiber wie mich absolut machbar sind.

Die Monsterkämpfe liefern mit ihren Schreibsprints die sofortigen Erfolgserlebnisse. Immerhin bedeutet jeder gewonnene Kampf nicht nur Wörter, sondern auch Beute. Für mich funktionieren sie sogar besser als Word Wars, weil ich in letzteren meistens die Letzte bin, wenn ich gegen andere antrete.

Spielen

Der Play-Bereich ist der Quest-Bereich. Hier hast du Zugriff auf die Story, dein Inventar und dein Missionsbuch. Es gibt die Story-Quest selber und verschiedenen optionale Missionen. Im Prinzip geht es darum, bestimmte Monster zu besiegen oder Items zu sammeln oder deine Schreibkette für eine eine bestimmte Anzahl Tage aufrechtzuerhalten. Für das Erfüllen der Missionen gibt es Erfahrungspunkte und Items. Erfüllst du die aktuelle Hauptquest, kommst mit der Story weiter und erschließt dir neue Bereiche auf der Weltkarte. Wie eben in einem richtigen Rollenspiel.

4thewords - Spielerisch Schreiben

Wenn die Monster die kurzfristige Motivation liefern, dann sorgen die Missionen dafür, dass ich langfristig dabei bleiben. Es ist unglaublich befriedigend, eine Quest abzuschließen. Das gilt besonders für die der Hauptstory.

Lesen

In diesem Bereich kannst du freigegebene Texte der 4thewords -Spieler lesen. Die Texte sind nach Kategorien, Popularität und Veröffentlichungsdatum sortiert. Auch gibt es eine Liste ausgewählter Werke, die von dem  4tw-Team zusammengestellt wurde, und regelmäßig Wettbewerbe zu einem bestimmten Thema.

Das ist zugegebenermaßen der Bereich, den ich bisher kaum genutzt habe.

Sonstiges

Neben den Hauptbereichen möchte ich vor allem das Forum, das Dashboard und die Leaderboards erwähnen.

Das Forum ist liebevoll gemacht. Dort ist vielleicht nicht ganz soviel Aktivität, wie man es von anderen Foren gewöhnt ist, aber auf neue Themen wird immer reagiert.

Die Leaderboards bieten Ranglisten über Wortzahl, Länge der Schreibkette, Anzahl der Kämpfe und Forumaktivität. Als Neuling ist man natürlich im Nachteil. Aber jede der Listen hat einen Direktlink, der zu deiner derzeitigen Position führt. Du kannst dich dann darauf konzentrieren, deinen derzeitigen Vordermann einzuholen. Da schon ein erfolgreicher Kampf dich ein paar Ränge nach oben rutschen lässt, ist das eine großartige zusätzliche Motivation.

Das Dashboard bietet verschiedene Übersichten. Für mich am Wichtigsten ist der Streak-Kalendar. Du brauchst 444 Worte, damit der Tag für die Schreibkette zählt. Du kannst aus dem Kalender nicht nur ablesen, wie viele Worte du an einem bestimmten Tag geschrieben hast, sondern auch wie viel Zeit du aufgewendet hast. Für jedes Dokument läuft nämlich ein Timer. Er pausiert automatisch, wenn du nicht schreibst und nur nachdenkend auf den Bildschirm starrst oder auf den Twitter-Tab gewechselt bist. Er startet wieder, wenn du die Maus im Schreibfenster bewegst. (Achtung: Der Timer für die Kämpfe ist von dem Dokumententimer unabhängig und pausiert nicht.)

Warum mich 4TheWords begeistert

In Kürze: Es funktioniert. Seit ich in Fahrt gekommen bin, bleib ich dran. Neben den Monsterkämpfen und den Rollenspiel-Elementen sind es vor allem der Streak-Kalender des Dashboards und, für mich ganz überraschend, die Leaderboards, die mich motivieren.

 

4TheWords hat wunderschöne, liebevolle Grafiken. Ihr könnt ein paar Beispiele in den Screenshots sehen. Das ist auch ein Feature, das die Entwickler kontinuierlich weiterentwickeln. Ich habe einen Bericht mit Screenshots von September 2015 gefunden. Der Unterschied ist schon enorm.

Es werden in regelmäßigen Abständen Events veranstaltet, während dessen besondere Monster und Missionen zur Verfügung stehen. Dadurch lassen sich dann auch besondere Items erkämpfen, die nur auf diese Weise zu bekommen ist. Während der Tico Week im September hatte mich so richtig das Jagd- und Schreibfieber gepackt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich in den 5 Tagen alle Missionen schaffe, aber ich habe sie gemeistert. Das nächste Event wird wieder NaNoWriMo sein. Ich bin schon gespannt.

Update 12/2017: 4TheWords wird kontinuierlich weiterentwickelt. Beispielweise gab es während des NaNoWriMo im November eine alternative interaktive, noch experimentelle Spielzone. Außerdem ist gibt es inzwischen die Möglichkeit, sich mit anderen Spielern zu verlinken und Nachrichten auszutauschen.

Kritikpunkte?

Die Menüführung von 4TheWords gibt es bisher nur in Englisch. Das mag abschreckend wirken. Allerdings ist der Sprachlevel nicht sehr schwierig.

Es ist eine  Browser-App, braucht also immer eine Verbindung zum Internet. Andererseits lässt sie es zu, dass Texte über Rechtsklick hineinkopiert werden. Man kann also mit dem Programm seiner Wahl schreiben und hinterher nach 4TheWords importieren.

Die Texte werden auf dem 4thewords-Server gespeichert. Man kann sie freilich auch wieder löschen ohne dass die Wörter der Statistik verloren gehen.

4TheWords ist kostenpflichtig. Aber für 4 Dollar kann man genug Core Crystals für einen Monat Abo eintauschen. Kauft man eine größere Menge Kristalle wird es billiger. Außerdem erhältst du für den Abschluss von Story-Missionen auch einige Kristalle. Das macht es natürlich günstiger. Du hast außerdem die Möglichkeit, den Referrercode eines Spielers bei der Registration anzugeben (meiner ist RALBJ58585). Dann erhältst du beim ersten Abschluss eines Abos 20 Core Crystals als Bonus und der empfehlende Spieler übrigens auch. NaNoWriMo-Teilnehmer erhalten einen Rabattcode.

Fazit

4TheWords macht eine Menge Spaß. Es ist eben darauf angelegt, über Gamification und das Belohnungssystem dem (Viel-)Schreiben Spaß einzuhauchen. Ich gehöre zu denen, für die die Features wirklich hilfreich sind.

Probiert es aus. 4TheWords bietet einen kostenlosen 30-Tage-Testzeitraum an. Es gibt dabei keine Einschränkungen in den Funktionen. So kannst du in aller Ruhe erforschen kannst, ob dir das Spiel liegt und in deinen Schreibprozess passt. Ich denke mal, 4TheWords ist ideal, um durch die Rohfassung zu helfen. Für Revisionsperioden ist sie vielleicht nicht so gut geeignet.

 

Bildnachweis: Alle Screenshots stammen von der 4thewords-Website.